„Die Gänse vom Feliferhof”
Den ausgeschriebenen Wettbewerb für eine Gedenkstätte gewann
das Ehepaar Esther und Jochen Gerz aus Paris mit dem Projekt “Die
Gänse vom Feliferhof”.
Dieses Denkmal ist kein “herkömmliches” Denkmal, denn
es funktioniert und existiert nur solange, als die erforderlichen Handlungen
und Rituale durchgeführt werden. Das Ritual sieht vor, daß
bei jeder Benutzung der Schießstätte am Feliferhof den Rekruten
vier Fahnen mit Texten ausgegeben werden, die an vier 7 Meter hohen Fahnenstangen
gehißt und beim Verlassen des Schießplatzes wieder eingeholt
werden. Durch das Fahnen-Ritual wird Präsenz-Abwesenheit, Erinnerung-Vergessen
symbolisiert. Mittels einer Informationstafel, die die historischen Ereignisse
am Feliferhof kurz skizziert, und den Fahnentexten wird eine über
eine bloße Zeichensetzung hinausgehende Erinnerungs-, Nachdenk-
und Erziehungsarbeit im Sinne der Menschenrechte angeregt und eingefordert.
Die ständige Auseinandersetzung soll daher quasi wie ein “Frühwarnsystem”
ähnlich den Gänsen des Kapitols im antiken Rom funktionieren.
Das Projekt von Gerz hat daneben aber auch noch einen musealen Aspekt.
So sollen einerseits in den Kasernen, die die Rekruten zur Ausbildung
auf den Feliferhof schicken, Erinnerungswände mit Fotos von allen
Rekruten vor der Gedenkstätte eingerichtet werden, wobei jedes Jahr
neue Fotos hinzukämen. Andererseits sollen die Fahnen, die jeweils
am Tag der Menschenrechte nach einjährigem Gebrauch ausrangiert werden,
ins Heeresgeschichtliche Museum nach Wien gehen, wo sie in der permanenten
Ausstellung in der Chronik des Feliferhofs gezeigt werden.
Die Auseinandersetzung der Rekruten mit der Geschichte und den Menschenrechten
wird durch die Vorgabe der jährlichen Neugestaltung der Fahnen-Texte
durch einen vom Heeresgeschichtlichen Museum ausgeschriebenen Wettbewerb
unter den Rekruten zusätzlich gefördert. Jochen und Esther Gerz
geben nur die Sprüche des ersten Fahnenentwurfes vor.
Die Textierung des ersten Fahnensatzes ist auch der Grund, warum das Mahnmal
noch nicht errichtet worden ist. Die von Gerz mit in roter Schrift gehaltenen
vier Sprüche auf weißem Fahnenstoff lauten:
Auf Mut steht der Tod
Verrat am Land wird dekoriert
Barbarei ist die Soldatenbraut
Soldaten so heißen wir auch
Informationsquelle: Clio – Verein für Geschichts- und Bildungsarbeit,
2000